Partizip III: Adverbiale Verwendung


Partizip I
Bildung/Bedeutung
Partizip II
attributive Verwendg.
Partizip III
adverbiale Verwendg.
Partizip IV
prädikative Verwendg.
Partizip V
Übersetzungsarten
Partizip VI
Genitivus absolutus

Adverbiale Verwendung des Partizips im Griechischen

Nehmen wir den Satz:

Ὁ δοῦλος κολάζεται τῷ κυρίῳ οὐ πειθόμενος.

Hier liegt keine attributive Verwendung des Partizips vor, das Partizip steht nicht in attributiver Stellung zum Nomen. Man kann es auch nicht „wörtlich“ übersetzen:

  1. Weder so:
    Der Sklave wird bestraft dem Herrn nicht gehorchend.

ein komplett sinnloser Satz
  1. noch so:
    Der dem Herrn nicht gehorchende Sklave wird bestraft.

denn es fehlt die logische Beziehung zwischen Prädikat und Partizip.

Das πειθόμενος stellt hier kein Attribut zu δοῦλος dar.

Freilich: Wenn von zwei Sklaven die Rede wäre, von denen einer dem Herrn gehorcht, der andere nicht, dann könnte man das τῷ κυρίῳ οὐ πειθόμενος auch attributiv auffassen, weil es gerade das Unterscheidungsmerkmal, die typische Eigenschaft der beiden Sklaven darstellte. Davon ist hier ja keine Rede. Und an sich müsste gerade in so einem Fall die attributive Stellung vorliegen, was nicht der Fall ist.

Das Partizip bringt hier eine neue Information zur Verbalhandlung, eine Bestimmung, die in einem bestimmten logischen Verhältnis zur Verbalhandlung steht. Dieses Verhältnis kann eine Zeitangabe sein (gleichzeitig oder vorzeitig), eine Begründung, ein Zugeständnis usw. Allgemein werden fünf logische Verhältnisse unterschieden:

1. Das kausale Verhältnis

Dieses wird im Adverbialsatz ausgedrückt durch: weil, da.

Im Griechischen kann eine Partikel stehen, um

  1. einen objektiven Grund anzugeben: ἅτε: weil.
Ὁ δοῦλος κολάζεται (ἅτε) τῷ κυρίῳ οὐ πειθόμενος.
Der Sklave wird bestraft, weil er dem Herrn nicht gehorcht.
  1. einen subjektiven Grund anzugeben: ὡς: in der Meinung, dass; als ob.
Ὁ κύριος τὸν δοῦλον κολάζει ὡς οὐ πειθόμενον.
Der Herr bestraft den Sklaven als ob er nicht gehorcht.

2. Das temporale Verhältnis

Das Partizip Präsens gibt immer einen Umstand an, der sich zur gleichen Zeit wie die Handlung des Prädikats ereignet. Diese Gleichzeitigkeit wird im Adverbialsatz ausgedrückt durch: während, als, sowie.

Im Griechischen kann eine Partikel stehen, um das gleichzeitige temporale Verhältnis zu verdeutlichen:
ἅμα oder μεταξύ: als, während.

Ὁ δοῦλος τέρπεται (ἅμα) τῷ κυρίῳ οὐ πειθόμενος.
Der Sklave freut sich, während er dem Herrn nicht gehorcht.

3. Das modale Verhältnis

Dieses wird im Adverbialsatz ausgedrückt durch: indem, dadurch dass

Ὁ δοῦλος ἀπὸ ζημίας σῴζεται τῷ κυρίῳ πειθόμενος.
Der Sklave wird vor Strafe bewahrt, indem er dem Herrn gehorcht.

4. Das konditionale Verhältnis

Dieses wird im Adverbialsatz ausgedrückt durch: wenn. Achtung: Die Negation ist μή. Das heißt, sobald bei einem Partizip die Verneinung μή steht, muss es konditional übersetzt werden.

Ὁ δοῦλος κολάζεται τῷ κυρίῳ μὴ πειθόμενος.
Der Sklave wird bestraft, wenn er dem Herrn nicht gehorcht.

5. Das konzessive Verhältnis

Dieses wird im Adverbialsatz ausgedrückt durch: obwohl, auch wenn

Im Griechischen kann eine Partikel stehen, um das konzessive Verhältnis zu verdeutlichen:
καίπερ: obwohl.

Ὁ δοῦλος κολάζεται (καίπερ) τῷ κυρίῳ πειθόμενος.
Der Sklave wird bestraft, obwohl er dem Herrn gehorcht.