Platon „Protagoras“ 18.03.20

Platon, Protagoras

„Kulturentstehungsmythos des Protagoras“ 1. Teil

320c8–322a2

320
Text nach Burnet
Kommentar / Übersetzung nach Schleiermacher

Sokrates hat soeben dargelegt, dass er die Tugend (ἀρετή) nicht für lehrbar hält; denn weder bedarf es irgendeiner Qualifikation, um Staatsmann zu werden, noch könnten berühmte Leute wie Perikles ihre Kinder richtig erziehen noch wüssten sie Lehrer für ihre Kinder. Er fordert Protagoras auf, das Gegenteil zu beweisen, wenn er könne. Hierauf antwortet dieser mit seinem berühmten Kulturentstehungsmythos.

 


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Ἦν γάρ ποτε χρόνος, ὅτε θεοὶ μὲν ἦσαν, θνητὰ δὲ γένη
οὐκ ἦν. Ἐπειδὴ δὲ καὶ τούτοις χρόνος ἦλθεν εἱμαρμένος
γενέσεως, τυποῦσιν αὐτὰ θεοὶ γῆς ἔνδον ἐκ γῆς καὶ πυρὸς
μείξαντες καὶ τῶν ὅσα πυρὶ καὶ γῇ κεράννυται. Ἐπειδὴ δ᾽
ἄγειν αὐτὰ πρὸς φῶς ἔμελλον, προσέταξαν Προμηθεῖ καὶ
Ἐπιμηθεῖ κοσμῆσαί τε καὶ νεῖμαι δυνάμεις ἑκάστοις ὡς
πρέπει. Προμηθέα δὲ παραιτεῖται Ἐπιμηθεὺς αὐτὸς νεῖμαι,
„νείμαντος δέ μου“, ἔφη, „ἐπίσκεψαι“· καὶ οὕτω πείσας
νέμει. Νέμων δὲ τοῖς μὲν ἰσχὺν ἄνευ τάχους προσῆπτεν,
τοὺς δ᾽ ἀσθενεστέρους τάχει ἐκόσμει· τοὺς δὲ ὥπλιζε, τοῖς
δ᾽ ἄοπλον διδοὺς φύσιν ἄλλην τιν᾽ αὐτοῖς ἐμηχανᾶτο δύναμιν
εἰς σωτηρίαν. Ἃ μὲν γὰρ αὐτῶν σμικρότητι ἤμπισχεν, πτηνὸν
φυγὴν ἢ κατάγειον οἴκησιν ἔνεμεν· ἃ δὲ ηὖξε μεγέθει, τῷδε
αὐτῷ αὐτὰ ἔσῳζεν· καὶ τἆλλα οὕτως ἐπανισῶν ἔνεμεν. Tαῦτα
δὲ ἐμηχανᾶτο εὐλάβειαν ἔχων, μή τι γένος ἀϊστωθείη· ἐπειδὴ
δὲ αὐτοῖς ἀλληλοφθοριῶν διαφυγὰς ἐπήρκεσε, πρὸς τὰς ἐκ
Διὸς ὥρας εὐμάρειαν ἐμηχανᾶτο ἀμφιεννὺς αὐτὰ πυκναῖς
τε θριξὶν καὶ στερεοῖς δέρμασιν, ἱκανοῖς μὲν ἀμῦναι χειμῶνα,
δυνατοῖς δὲ καὶ καύματα, καὶ εἰς εὐνὰς ἰοῦσιν ὅπως ὑπάρχοι
τὰ αὐτὰ ταῦτα στρωμνὴ οἰκεία τε καὶ αὐτοφυὴς ἑκάστῳ· καὶ
ὑποδῶν τὰ μὲν ὁπλαῖς, τὰ δὲ θριξὶν καὶ δέρμασιν στερεοῖς
καὶ ἀναίμοις. Τοὐντεῦθεν τροφὰς ἄλλοις ἄλλας ἐξεπόριζεν,
τοῖς μὲν ἐκ γῆς βοτάνην, ἄλλοις δὲ δένδρων καρπούς, τοῖς δὲ
ῥίζας· ἔστι δ᾽ οἷς ἔδωκεν εἶναι τροφὴν ζῴων ἄλλων βοράν·
καὶ τοῖς μὲν ὀλιγογονίαν προσῆψε, τοῖς δ᾽ ἀναλισκομένοις
ὑπὸ τούτων πολυγονίαν, σωτηρίαν τῷ γένει πορίζων. Ἅτε
δὴ οὖν οὐ πάνυ τι σοφὸς ὢν ὁ Ἐπιμηθεὺς ἔλαθεν αὑτὸν
καταναλώσας τὰς δυνάμεις εἰς τὰ ἄλογα· λοιπὸν δὴ ἀκό-
σμητον ἔτι αὐτῷ ἦν τὸ ἀνθρώπων γένος, καὶ ἠπόρει ὅτι
χρήσαιτο. ἀποροῦντι δὲ αὐτῷ ἔρχεται Προμηθεὺς ἐπισκεψό-
μενος τὴν νομήν, καὶ ὁρᾷ τὰ μὲν ἄλλα ζῷα ἐμμελῶς πάντων
ἔχοντα, τὸν δὲ ἄνθρωπον γυμνόν τε καὶ ἀνυπόδητον καὶ
ἄστρωτον καὶ ἄοπλον· ἤδη δὲ καὶ ἡ εἱμαρμένη ἡμέρα παρῆν,
ἐν ᾗ ἔδει καὶ ἄνθρωπον ἐξιέναι ἐκ γῆς εἰς φῶς. Ἀπορίᾳ οὖν
σχόμενος ὁ Προμηθεὺς, ἥντινα σωτηρίαν τῷ ἀνθρώπῳ εὕροι,
κλέπτει Ἡφαίστου καὶ Ἀθηνᾶς τὴν ἔντεχνον σοφίαν σὺν
πυρί – ἀμήχανον γὰρ ἦν ἄνευ πυρὸς αὐτὴν κτητήν τῳ ἢ
χρησίμην γενέσθαι — καὶ οὕτω δὴ δωρεῖται ἀνθρώπῳ. Τὴν
μὲν οὖν περὶ τὸν βίον σοφίαν ἄνθρωπος ταύτῃ ἔσχεν, τὴν δὲ
πολιτικὴν οὐκ εἶχεν· ἦν γὰρ παρὰ τῷ Διί. Τῷ δὲ Προμηθεῖ
εἰς μὲν τὴν ἀκρόπολιν, τὴν τοῦ Διὸς οἴκησιν, οὐκέτι ἐνεχώρει
εἰσελθεῖν — πρὸς δὲ καὶ αἱ Διὸς φυλακαὶ φοβεραὶ ἦσαν — εἰς
δὲ τὸ τῆς Ἀθηνᾶς καὶ Ἡφαίστου οἴκημα τὸ κοινόν, ἐν ᾧ
ἐφιλοτεχνείτην, λαθὼν εἰσέρχεται, καὶ κλέψας τήν τε ἔμπυρον
τέχνην τὴν τοῦ Ἡφαίστου καὶ τὴν ἄλλην τὴν τῆς Ἀθηνᾶς
δίδωσιν ἀνθρώπῳ, καὶ ἐκ τούτου εὐπορία μὲν ἀνθρώπῳ τοῦ
βίου γίγνεται, Προμηθέα δὲ δι᾽ Ἐπιμηθέα ὕστερον, ᾗπερ
λέγεται, κλοπῆς δίκη μετῆλθεν.
[Übersetzung]
Es war einst eine Zeit, wo es Götter zwar gab, sterbliche Geschlechter aber gab es noch nicht. Nachdem aber auch für diese die vorherbestimmte Zeit ihrer Erzeugung gekommen war, bildeten die Götter sie innerhalb der Erde aus Erde und Feuer auch das hinzumengend, was aus Erde und Feuer gemengt ist. Und als sie sie nun ans Licht bringen sollten, übertrugen sie dem Prometheus und Epimetheus, sie auszustatten, und die Kräfte unter sie, wie es jedem zukomme, zu verteilen. Vom Prometheus aber, erbat sich Epimetheus, er wolle verteilen, und, sagte er, wenn ich ausgeteilt, so komme du es zu besehen. Und so nachdem er ihn beredet, verteilte er. Bei der Verteilung nun, verlieh er einigen Stärke ohne Schnelligkeit, die Schwächeren aber begabte er mit Schnelligkeit, einige bewaffnete er, anderen, denen er eine wehrlose Natur gegeben, ersann er eine andere Kraft zur Rettung. Welche er nämlich in Kleinheit gehüllt hatte, denen verlieh er geflügelte Flucht oder unterirdische Behausung, welche aber zu bedeutender Größe ausgedehnt, die rettete er eben dadurch, und so auch verteilte er alles übrige ausgleichend. Dies aber ersann er so aus Vorsorge, daß nicht eine Gattung gänzlich verschwände. Als er ihnen nun des Wechselverderbens Entfliehungen zu Stande gebracht, begann er ihnen auch gegen die Jahreszeiten vom Zeus leichte Gewöhnung zu ersinnen durch Bekleidung mit dichten Haaren und starken Fellen, hinreichend um die Kälte, aber auch vermögend die Hitze abzuhalten, und außerdem zugleich jedem, wenn es zur Ruhe ging, zur eigentümlichen und angewachsenen Lagerbedeckung dienend. Und unter den Füßen versah er einige mit Hufen und Klauen, andere mit Haaren und starken blutlosen Häuten. Hiernächst wies er den einen diese, dem anderen jene Nahrung an, dem einen aus der Erde die Kräuter, dem anderen von den Bäumen die Früchte, einigen auch verordnete er zur Nahrung anderer Tiere Fraß. Und diesen letzteren verlieh er dürftige Zeugung, dagegen den von ihnen verzehrten, eine vielerzeugende Kraft dem Geschlecht zur Erhaltung. Wie aber Epimetheus doch nicht ganz weise war, hatte er unvermerkt schon alle Kräfte aufgewendet, übrig also war ihm noch unbegabt das Geschlecht der Menschen, und er war wieder ratlos was er diesem tun sollte. In dieser Ratlosigkeit nun kommt ihm Prometheus die Verteilung zu beschauen, und sieht die übrigen Tiere zwar in allen Stücken weislich bedacht, den Menschen aber nackt, unbeschuht, unbedeckt, unbewaffnet, und schon war der bestimmte Tag da, an welchem auch der Mensch hervorgehen sollte aus der Erde an das Licht. Gleichermaßen also der Verlegenheit unterliegend, welcherlei Rettung er dem Menschen noch ausfände, verfiel Prometheus auf die kunstreiche Weisheit des Hephaistos und der Athene, nebst dem Feuer, denn unmöglich war, daß sie einem ohne Feuer hätte können angehörig sein oder nützlich, und so schenkt er sie dem Menschen. Die zum Leben nötige Wissenschaft also erhielt der Mensch auf diese Weise, Wissen von der Staatenbildung aber hatte er nicht. Denn diese war beim Zeus, und dem Prometheus stand in die Feste, die Behausung des Zeus, einzugehen nicht mehr frei, auch waren furchtbar die Wachen des Zeus. Aber in das dem Hephaistos und der Athene gemeinschaftliche Gemach, wo sie ihre Kunst übten, ging er heimlich hinein, und nachdem er so die feurige Kunst des Hephaistos und die andere der Athene gestohlen, gab er sie dem Menschen. Und von da an genießt nun der Mensch Wohlfahrt des Lebens. Den Prometheus aber hat hernach, so wie erzählt wird, die Strafe für diesen Diebstahl um des Epimetheus willen getroffen.
c8 θνητὰ γένη sterbliche Gattungen

d1 εἱμαρμένος durch das Schicksal zugeteilt, bestimmt

d2 τυπόω formen, gestaltenαὐτὰ bezieht sich auf θνητὰ γένη —
d3 μείξαντες → Stfτῶν ὅσα πυρὶ der Gen. τῶν ist von μείξαντες bestimmt: das, was aus Feuer und Erde gemischt ist

d5 νεῖμαι → Stfd6 παραιτέομαί τινα jmd. bitten


d7 νείμαντος δέ μου Gen. abs. nachdem ich aber …καὶ οὕτω πείσας erg. αὐτόν (= Prometheus); adverbiales Partizip in temporalem Sinn! — d8 νέμει Imperativ! — d8–e2 τοῖς μὲν … τοὺς δ᾽ … τοὺς δὲ … τοῖς δ᾽ Gliederung! — προσῆπτεν v. προσάπτω zuteilene1 τάχει v. τὸ τάχος, -ους die Geschwindigkeit; auf die Frage womit?ὁπλίζω bewaffnene2 ἄοπλον διδοὺς φύσιν Partizipialphrase wenn er ihnen eine waffenlose Natur gabἐμηχανᾶτο hier: er verschafftee3  Rel.-Pron., bezieht sich auf θνητὰ γένη c8 — ἤμπισχεν v. ἀμπέχω umhüllenπτηνός geflügelte4 κατάγειος unterirdischηὖξε Impf. v. αὔξω → Stfτῷδε αὐτῷ durch daselbe321a1 επανισόω ausgleichen
Das Textstück bis b6 ist eher kompliziert, auch vom Wortschatz. Das überspringen wir. Man kann es in der Übersetzung lesen. Protagoras führt aus, dass alle Anordnungen von Epimetheus dafür gedacht sind, dass keine Gattung durch eine andere ausstirbt. Dann beschreibt er, wie dieser die verschiedenen Gattungen gegen die Jahreszeiten wappnete und dass er Raubtieren wenig, Beutetieren dagegen zahlreichen Nachwuchs gab. —














b6 Ἅτε Partikel beim Part. mit kausalem Sinn — b7 οὐ πάνυ τι irgendwie nicht ganzκαταναλώσας = ἀναλώσας → Stf; dazu gehört das εἰς: aufwenden fürτὰς δυνάμεις hier: Kräfte, Vermögenτὰ ἄλογα die unvernünftigen (Tiere)c1–2 λοιπὸν δὴ ἀκόσμητον ἔτι übrig war noch unausgestattet

c3 ἀποροῦντι δὲ αὐτῷ ἔρχεται zu ihm, der …, kommtc4 ἡ νομή Verteilungτὰ ζῷα … ἔχοντα AcP, abh. v. ὁρᾷ — ἐμμελῶς πάντων ἔχοντα, alles ausreichend zur Verfügung haben
c5 ἀνυπόδητος unbeschuht
c6 ἄστρωτος unbedecktἄοπλον s. o. zu e2 — εἱμαρμένη s. o. zu d1 —

c7–8 Ἀπορίᾳ … σχόμενος ὁ Προμηθεὺς weil P. ratlos war

d1 ἔντεχνος σοφία kunstmäßige Weisheit

d2 ἀμήχανον γὰρ ἦν ἄνευ πυρὸς αὐτὴν κτητήν … γενέσθαι wörtl. es war unmöglich, dass sie besitzbar … ist, besser: sie konnte unmöglich besessen werdend3 δωρεῖται v. δωρέω schenkend4 ταύτῃ auf diese Weiseἔσχεν → Stf



d6 οἴκησις dasselbe wie d8 οἴκημα Wohnungἐνεχώρει mit Inf. es war möglich (tu tun)



e1 ἐφιλοτεχνείτην Impf. Dual v. φιλοτεχνέω eine Kunst ausübenλαθὼν → Stfκλέψας → Stf
e1–2 ἔμπυρος τέχνη die mit Feuer verbundene Kunst

e3 εὐπορία eig. Leichtigkeit, etwas zu tun, hier viell.: Bequemlichkeit

322a1 — Προμηθέα Akk.! — ᾗπερ = ᾗ wieδίκη μετῆλθεν [jmdn] ereilte eine Strafe mit Gen.: wofür?