Herodot

Leben

Herodotbüste 2. Jhdt. n. Chr. (Attalosstoa Athen)

Herodot wurde zur Zeit der Perserkriege um das Jahr 485 v. Chr. in Halikarnassos (Lage, heute Bodrum) in der Landschaft Karien an der Südwestküste der heutigen Türkei geboren.
Wir haben nur sehr wenige Informationen über sein Leben. Er beteiligte sich am Sturz eines Tyrannen in seiner Heimatstadt um 455 v. Chr., woraufhin er eine Zeit im Exil auf der Insel Samos verbringen musste.
Anschließend begab sich Herodot auf zahlreiche Forschungsfahrten. Er bereiste nicht nur den gesamten griechischen Mittelmeerraum, sondern auch das Schwarze Meer, das Land der Skythen (heute Ukraine), Ägypten und den Vorderen Orient bis Babylon, um Material für Vorträge und deren spätere Veröffentlichung in Buchform zu sammeln.
Nach diesen Reisen lebte er zeitweise in Athen. Im Jahr 444 v. Chr. nahm er an der Gründung der unteritalischen Stadt Thurioi teil. Herodot ist um das Jahr 425 v. Chr. gestorben.

Herodots Vorgänger

Strukturen

Schon in den Epen Homers findet sich das für die Entstehung von Geschichtsschreibung notwendige historische Bewusstsein: Anhand der dort beschriebenen Abstammungsverhältnisse der einzelnen Helden (Genealogien = Stammbäume) wurde bewusst eine Verbindung zur Vergangenheit hergestellt, wodurch sich adlige Familien der Zeit Homers auf ihre mythischen Vorfahren zurückführen konnten.
Neben dieser Verknüpfung der Gegenwart mit der Vergangenheit haben die Epen eine weitere ausdrücklich historische Funktion, nämlich die ruhmreichen Taten bedeutender Persönlichkeiten vor dem Vergessen zu bewahren. Das Vorbild der Stammbäume aus der epischen Tradition greift der Dichter Hesiod (um 700 v. Chr.) auf, der in seiner „Theogonie“ eine Genealogie der griechischen Götter entwickelt.

Ansatzpunkte

  1. In der Zeit Homers und Herodots findet die sog. „große Kolonisation“ der Griechen statt, in deren Verlauf die Küsten des Schwarzen Meeres, Siziliens und Unteritaliens besiedelt werden. Gleichzeitig wurden für die Seeleute und Kolonisten Informationen über die neu erschlossenen Regionen immer wichtiger, was zur Entstehung von Schriften zu geografischen und ethnografischen Themen führte (sog. Periplous-Literatur, also Berichte von Entdeckungsreisen mit dem Schiff [περί + πλέω: um etwas mit dem Schiff herumfahren]).
  2. Parallel erwacht mit der ionischen Naturphilosophie das wissenschaftliche Denken. Die ionischen Naturphilosophen führen die Naturphänomene nicht mehr auf das Wirken von Göttern zurück, sondern versuchen ihre Beobachtung rational zu erklären und so die Welt zu begreifen. In diesem Zusammnehang entstehen erste Vorläufer der Geschichtsschreibung in Form von genealogischen Katalogen, die eine umfassende Verbindung zwischen den angenommenen mythischen Ursprüngen zur Gegenwart herzustellen versuchen.

Hekataios von Milet (ca. 560–480 v. Chr.)

Er ist Herodots wichtigster Vorgänger. Zwei Werke sind mit seinem Namen verknüpft:

  1. Seine Περίοδος γῆς ist eine geo- und ethnografische Beschreibung der damals bekannten Welt. Herodot zieht das Werk häufig heran und zitiert ausführlich aus ihm.
  2. Die Γενεαλογίαι sind das älteste erhaltene griechische Geschichtsbuch. Er betrachtet die mythologischen Erzählungen rational und versucht abzuschätzen, was allgemein als möglich und wahrscheinlich erachtet werden kann. Damit beginnt die Trennung von Mythologie und Geschichte. Es ist der erste Beginn einer rationalistischen Herangehensweise, die ihre Fortsetzung bei Herodot fand und ihren antiken Höhepunkt bei Thukydides fand.

Dass Herodot als erster Geschichtsschreiber bezeichnet wird (Cicero De legibus 1,5 nennt ihn pater historiae), verdankt er der Tatsache, dass er eine Zielsetzung hat. Seine ἱστορίη (Forschung) gilt einem fest umrissenen Thema, der Auseinandersetzung zwischen Griechen und Persern, die in den sogenannten Perserkriegen ihren Höhepunkt findet, seine ἀπόδεξις (schriftliche Fixierung) ermöglicht die Archivierung historischer Ereignisse, die nicht in Vergessenheit geraten sollen.

Herodots Werk

Stil

Herodots Werk ist nicht nur das erste Geschichtswerk, sondern auch das erste größere Werk in griechischer Prosa. Obwohl er aus einem dorischen Siedlungsbereich stammt (Halikarnassos), schreibt er wie Hekataios im ionischen Dialekt. Allerdings ist sein Ionisch eine Kunstsprache, die sich stark am homerischen Epos orientiert.

Inhalt

Sein Anliegen ist es, den Konflikt zwischen Griechen und Persern zwischen 500 und 479 v. Chr. zu schildern sowie dessen Ursachen auf den Grund zu gehen. Dazu berichtet er zunächst von der Vorgeschichte des Perserreichs bis zum Beginn der Konfrontation.
Sein Werk wurde in späterer Zeit in neun Bücher eingeteilt, die mit den Namen der Musen bezeichnet wurden:

In den ersten fünf Büchern ist die sogenannte Perserlinie, die Thronfolge der persischen Großkönige, das ordnende Prinzip. Die Darstellung folgt in chronologischer Reihenfolge den Taten von Kyros (Buch 1), Kambyses (Bücher 2 und 3), Dareios (Bücher 3 bis 6) und Xerxes (ab Buch 7). Sobald dabei neue Völker ins Spiel kommen, ergibt sich für Herodot die Gelegenheit, einen Exkurs über das Volk zu machen. So enthält sein Werk diverse Λόγοι (Logoi), teilweise kleinere Exkurse über Religion und Sitten der Perser, teilweise ziemlich ausgedehnte wie der berühmte „ägyptische“ Logos (das gesamte Buch 2) oder der skythische Logos (große Teile von Buch 4).

In Buch 5 beginnt die Griechenlinie mit dem Beginn des ionischen Aufstands und läuft danach parallel zur Perserlinie. So umfassen die Bücher 5–9 die Perserkriege bis zur endgültigen Niederlage der Perser 479 bei Plataiai und Mykale.