Platon Phaidon 10.06.16

Platon, Phaidon

Der wahre Philosoph muss nach dem Tod streben (67b7–e6)

67
Text nach Burnet
Kommentar / Übersetzung
b 7


10
c
Οὐκοῦν, ἔφη ὁ Σωκράτης, εἰ ταῦτα ἀληθῆ, ὦ ἑταῖρε,
πολλὴ ἐλπὶς ἀφικομένῳ οἷ ἐγὼ πορεύομαι, ἐκεῖ ἱκανῶς,
εἴπερ που ἄλλοθι, κτήσασθαι τοῦτο οὗ ἕνεκα ἡ πολλὴ
πραγματεία ἡμῖν ἐν τῷ παρελθόντι βίῳ γέγονεν, ὥστε ἥ γε
ἀποδημία ἡ νῦν μοι προστεταγμένη μετὰ ἀγαθῆς ἐλπίδος
γίγνεται καὶ ἄλλῳ ἀνδρὶ ὃς ἡγεῖταί οἱ παρεσκευάσθαι τὴν
διάνοιαν ὥσπερ κεκαθαρμένην.
[Übersetzung]
Wenn nun, sprach Sokrates, dieses wahr ist, o Freund, so ist ja große Hoffnung, daß, wenn ich dort angekommen bin, wohin ich jetzt gehe, ich dort, wenn irgendwo, zur Genüge dasjenige erlangen werde, worauf alle unsere Bemühungen in dem vergangenen Leben gezielt haben, so daß die mir jetzt aufgetragene Wanderung mit guter Hoffnung anzutreten ist auch für jeden andern, der annehmen kann, dafür gesorgt zu haben, daß seine Seele rein ist.
Πάνυ μὲν οὖν, ἔφη ὁ Σιμμίας.
[Übersetzung]
Allerdings, sprach Simmias.
5




d
Κάθαρσις δὲ εἶναι ἆρα οὐ τοῦτο συμβαίνει, ὅπερ πάλαι
ἐν τῷ λόγῳ λέγεται, τὸ χωρίζειν ὅτι μάλιστα ἀπὸ τοῦ
σώματος τὴν ψυχὴν καὶ ἐθίσαι αὐτὴν καθ᾽ αὑτὴν παντα-
χόθεν ἐκ τοῦ σώματος συναγείρεσθαί τε καὶ ἁθροίζεσθαι,
καὶ οἰκεῖν κατὰ τὸ δυνατὸν καὶ ἐν τῷ νῦν παρόντι καὶ ἐν τῷ
ἔπειτα μόνην καθ᾽ αὑτήν, ἐκλυομένην ὥσπερ [ἐκ] δεσμῶν ἐκ
τοῦ σώματος;
[Übersetzung]
Und wird nicht das eben die Reinigung sein, was schon immer in unserer Rede vorgekommen ist, daß man die Seele möglichst vom Leibe absondere und sie gewöhne, sich von allen Seiten her aus dem Leibe für sich zu sammeln und zusammenzuziehen und so viel als möglich, sowohl gegenwärtig, als hernach, für sich allein zu bestehen, befreit, wie von Banden, von dem Leibe?

Πάνυ μὲν οὖν, ἔφη.
[Übersetzung]
Allerdings, sagte er.

5
Οὐκοῦν τοῦτό γε θάνατος ὀνομάζεται, λύσις καὶ χωρισμὸς
ψυχῆς ἀπὸ σώματος;
[Übersetzung]
Heißt aber dies nicht Tod, Erlösung und Absonderung der Seele von dem Leibe?
Παντάπασί γε, ἦ δ᾽ ὅς.
[Übersetzung]
Allerdings, sagte jener.



10
Λύειν δέ γε αὐτήν, ὥς φαμεν, προθυμοῦνται ἀεὶ μάλιστα
καὶ μόνοι οἱ φιλοσοφοῦντες ὀρθῶς, καὶ τὸ μελέτημα αὐτὸ
τοῦτό ἐστιν τῶν φιλοσόφων, λύσις καὶ χωρισμὸς ψυχῆς
ἀπὸ σώματος· ἢ οὔ;
[Übersetzung]
Und sie zu lösen streben immer am meisten, sagte er, nur allein die wahrhaft Philosophierenden, und eben dies also ist die Aufgabe der Philosophen: Befreiung und Absonderung der Seele von dem Leibe oder nicht?

Φαίνεται.
[Übersetzung]
Offenbar.

e
Οὐκοῦν, ὅπερ ἐν ἀρχῇ ἔλεγον, γελοῖον ἂν εἴη ἄνδρα
παρασκευάζονθ᾽ ἑαυτὸν ἐν τῷ βίῳ ὅτι ἐγγυτάτω ὄντα τοῦ
τεθνάναι οὕτω ζῆν, κἄπειθ᾽ ἥκοντος αὐτῷ τούτου ἀγανακτεῖν;
[Übersetzung]
Also wäre es ja, wie ich anfänglich sagte, lächerlich, wenn jemand, der sich in seinem ganzen Leben darauf eingerichtet hätte, so nahe als möglich an dem Gestorbensein zu leben, hernach, wenn eben dieses kommt, sich ungebärdig stellen wollte? Wäre das nicht lächerlich?

Γελοῖον· πῶς δ᾽ οὔ;
[Übersetzung]
Wie sollte es nicht?

5
Τῷ ὄντι ἄρα, ἔφη, ὦ Σιμμία, οἱ ὀρθῶς φιλοσοφοῦντες
ἀποθνῄσκειν μελετῶσι, καὶ τὸ τεθνάναι ἥκιστα αὐτοῖς
ἀνθρώπων φοβερόν.
[Übersetzung]
In der Tat also, o Simmias, trachten die richtig Philosophierenden danach, zu sterben, und der Tod ist ihnen unter allen Menschen am wenigsten furchtbar.