Platon „Hippias maior“ 27.04.20

Platon, Hippias I

„Was ist das Schöne?“

1. παρθένος καλή (287d10–289c8)

287
Text nach Burnet
Kommentar / Übersetzung nach Schleiermacher
10

e
ΣΩ.  Ἀλλὰ μέντοι δῆλον ὅτι σὺ κάλλιον οἶσθα. Ὅμως
δέ, ὠγαθέ, ἄθρει· ἐρωτᾷ γάρ σε οὐ τί ἐστι καλόν, ἀλλ᾽ ὅ τι
ἐστὶ τὸ καλόν.
[Übersetzung]
Sokrates: Du weißt es freilich gewiss besser. Indes sieh nur, Guter, er fragt dich ja nicht was schön ist, sondern was das Schöne ist.
ΙΠ.  Μανθάνω, ὠγαθέ, καὶ ἀποκρινοῦμαί γε αὐτῷ ὅ τι ἐστι
τὸ καλόν, καὶ οὐ μή ποτε ἐλεγχθῶ. Ἔστι γάρ, ὦ Σώκρατες,
εὖ ἴσθι, εἰ δεῖ τὸ ἀληθὲς λέγειν, παρθένος καλὴ καλόν.
[Übersetzung]
Hippias: Ich verstehe, Guter, und ich will ihm beantworten was das Schöne ist, und er soll gewiss nichts dagegen haben. Nämlich wisse nur, Sokrates, wenn ich es dir recht sagen soll, ein schönes Mädchen ist schön.
5

288
ΣΩ.  Καλῶς γε, ὦ Ἱππία, νὴ τὸν κύνα καὶ εὐδόξως
ἀπεκρίνω. Ἄλλο τι οὖν, ἂν ἐγὼ τοῦτο ἀποκρίνωμαι, τὸ
ἐρωτώμενόν τε ἀποκεκριμένος ἔσομαι καὶ ὀρθῶς, καὶ οὐ μή
ποτε ἐλεγχθῶ;
[Übersetzung]
Sokrates: Herrlich, o Hippias, beim Hunde, und sehr annehmlich hast du geantwortet. Also nicht wahr, wenn ich dies antworte, werde ich die Frage beantwortet haben, und zwar richtig, und werde nicht widerlegt werden?


5
ΙΠ.  Πῶς γὰρ ἄν, ὦ Σώκρατες, ἐλεγχθείης, ὅ γε πᾶσιν
δοκεῖ καὶ πάντες σοι μαρτυρήσουσιν οἱ ἀκούοντες ὅτι ὀρθῶς
λέγεις;
[Übersetzung]
Hippias: Wie sollte dir wohl widerlegt werden, o Sokrates, was alle ebenso meinen, und wovon dir alle, die es hören, bezeugen werden, dass es richtig ist?




10
ΣΩ.  Εἶεν· πάνυ μὲν οὖν. φέρε δή, ὦ Ἱππία, πρὸς
ἐμαυτὸν ἀναλάβω ὃ λέγεις. Ὁ μὲν ἐρήσεταί με οὑτωσί πως·
„Ἴθι μοι, ὦ Σώκρατες, ἀπόκριναι· ταῦτα πάντα ἃ φῂς καλὰ
εἶναι, εἰ τί ἐστιν αὐτὸ τὸ καλόν, ταῦτ᾽ ἂν εἴη καλά;“ Ἐγὼ
δὲ δὴ ἐρῶ ὅτι εἰ παρθένος καλὴ καλόν, ἔστι δι᾽ ὃ ταῦτ᾽ ἂν
εἴη καλά;
[Übersetzung]
Sokrates: Wohl! Freilich auch! Aber lasse mich doch, Hippias, noch einmal für mich selbst überdenken was du sagst. Jener wird mich so ungefähr fragen: Komm Sokrates, und antworte mir. Alles das was du schön nennst, wird, wenn das Schöne selbst was doch ist, schön sein? Und darauf werde ich antworten, wenn eine schöne Jungfrau schön ist, ist alles jenes schön.
b
ΙΠ.  Οἴει οὖν ἔτι αὐτὸν ἐπιχειρήσειν σε ἐλέγχειν ὡς οὐ
καλόν ἐστιν ὃ λέγεις, ἢ ἐὰν ἐπιχειρήσῃ, οὐ καταγέλαστον
ἔσεσθαι;
[Übersetzung]
Hippias: Glaubst du also, er werde wagen dich zu widerlegen, dass das nicht schön ist, was du anführst, oder wenn er es wagte, werde er sich nicht lächerlich machen?

5
ΣΩ.  Ὅτι μὲν ἐπιχειρήσει, ὦ θαυμάσιε, εὖ οἶδα· εἰ δὲ
ἐπιχειρήσας ἔσται καταγέλαστος, αὐτὸ δείξει. Ἃ μέντοι ἐρεῖ,
ἐθέλω σοι λέγειν.
[Übersetzung]
Sokrates: Dass er es wagen wird, Bester, weiß ich gewiss, ob er sich aber, wenn er es wagt, lächerlich machen wird, das muss die Sache zeigen. Was er indes sprechen wird, will ich dir wohl sagen.
ΙΠ.  Λέγε δή.
[Übersetzung]
Hippias: So sage es denn.


c
ΣΩ.  „Ὡς γλυκὺς εἶ,“ φήσει, „ὦ Σώκρατες. Θήλεια δὲ
ἵππος καλὴ οὐ καλόν, ἣν καὶ ὁ θεὸς ἐν τῷ χρησμῷ ἐπῄνεσεν;“
Τί φήσομεν, ὦ Ἱππία; Ἄλλο τι ἢ φῶμεν καὶ τὴν ἵππον καλὸν
εἶναι, τήν γε καλήν; Πῶς γὰρ ἂν τολμῷμεν ἔξαρνοι εἶναι τὸ
καλὸν μὴ καλὸν εἶναι;
[Übersetzung]
Sokrates: Wie sinnig du bist, Sokrates, wird er sagen, eine schöne Stute aber, ist die nicht schön, die doch der Gott selbst im Orakel gelobt hat? Was sollen wir sagen, Hippias? Müssen wir nicht sagen auch eine Stute sei schön, eine schöne nämlich? Denn wie wollten wir es wagen zu leugnen, dass etwas Schönes nicht schön sei?

5
ΙΠ.  Ἀληθῆ λέγεις, ὦ Σώκρατες· ἐπεί τοι καὶ ὀρθῶς αὐτὸ
ὁ θεὸς εἶπεν· πάγκαλαι γὰρ παρ᾽ ἡμῖν ἵπποι γίγνονται.
[Übersetzung]
Hippias: Du hast recht, Sokrates, und ganz richtig hat auch der Gott dieses gesagt. Denn sehr schöne Stuten gibt es bei uns.
ΣΩ.  „Εἶεν,“ φήσει δή· „Tί δὲ λύρα καλή; Οὐ καλόν;“
Φῶμεν, ὦ Ἱππία;
[Übersetzung]
Sokrates: Wohl, wird er also sagen. Aber wie eine schöne Leier, ist die nicht schön? Sollen wir es bejahen, Hippias?
ΙΠ.  Ναί.
[Übersetzung]
Hippias: Ja.

10
ΣΩ.  Ἐρεῖ τοίνυν μετὰ τοῦτ᾽ ἐκεῖνος, σχεδόν τι εὖ οἶδα
ἐκ τοῦ τρόπου τεκμαιρόμενος· „Ὦ βέλτιστε σύ, τί δὲ χύτρα
καλή; Οὐ καλὸν ἄρα;“
[Übersetzung]
Sokrates: Darauf, ich kann es mir recht denken, denn ich kenne seine Weise, wird er sagen: Aber, du Bester, wie? Eine schöne Kanne ist die nicht schön?
d
ΙΠ.  Ὦ Σώκρατες, τίς δ᾽ ἐστὶν ὁ ἄνθρωπος; Ὡς ἀπαί-
δευτός τις ὃς οὕτω φαῦλα ὀνόματα ὀνομάζειν τολμᾷ ἐν
σεμνῷ πράγματι.
[Übersetzung]
Hippias: O Sokrates, wer ist der Mensch? Wie ungeschliffen muss er sein, dass er so gemeine Dinge vorzubringen wagt bei einer ernsthaften Sache?

5




e
ΣΩ.  Τοιοῦτός τις, ὦ Ἱππία, οὐ κομψὸς ἀλλὰ συρφετός,
οὐδὲν ἄλλο φροντίζων ἢ τὸ ἀληθές. Ἀλλ᾽ ὅμως ἀποκριτέον
τῷ ἀνδρί, καὶ ἔγωγε προαποφαίνομαι· εἴπερ ἡ χύτρα κεκερα-
μευμένη εἴη ὑπὸ ἀγαθοῦ κεραμέως λεία καὶ στρογγύλη καὶ
καλῶς ὠπτημένη, οἷαι τῶν καλῶν χυτρῶν εἰσί τινες δίωτοι,
τῶν ἓξ χοᾶς χωρουσῶν, πάγκαλαι, εἰ τοιαύτην ἐρωτῴη
χύτραν, καλὴν ὁμολογητέον εἶναι. Πῶς γὰρ ἂν φαῖμεν καλὸν
ὂν μὴ καλὸν εἶναι;
[Übersetzung]
Sokrates: Es ist ebenso einer, Hippias, gar kein feiner Mann, sondern so aus dem Haufen, der sich um nichts kümmert, als um das Wahre. Aber antworten müssen wir ihm doch schon, und also trage ich vor. Wenn die Kanne von einem guten Töpfer gedreht ist, hübsch glatt und rund und dann schön gebrannt, wie es solche schöne Kannen gibt zweihenklige, von denen die sechs Maß halten, welche sehr schön sind, wenn er eine solche Kanne meint, werden wir wohl gestehen müssen, dass sie schön ist. Denn wie sollten wir sagen, dass etwas Schönes nicht schön sei?
ΙΠ.  Οὐδαμῶς, ὦ Σώκρατες.
[Übersetzung]
Hippias: Das wollen wir auch nicht, Sokrates.

5
ΣΩ.  „Οὐκοῦν καὶ χύτρα,“ φήσει, „καλὴ καλόν; Ἀπο-
κρίνου.“
[Übersetzung]
Sokrates: lso, wird er sagen, auch eine schöne Kanne ist schön? Antworte.
ΙΠ.  Ἀλλ᾽ οὕτως, ὦ Σώκρατες, ἔχει, οἶμαι· καλὸν μὲν καὶ
τοῦτο τὸ σκεῦός ἐστι καλῶς εἰργασμένον, ἀλλὰ τὸ ὅλον τοῦτο
οὐκ ἔστιν ἄξιον κρίνειν ὡς ὂν καλὸν πρὸς ἵππον τε καὶ
παρθένον καὶ τἆλλα πάντα τὰ καλά.
[Übersetzung]
Hippias: Allein, o Sokrates, es verhält sich glaube ich so. Auch ein solches Gefäß ist freilich schön, wenn es schön gearbeitet ist, aber die ganze Sache verdient nicht mit dazu gezählt zu werden als etwas Schönes im Vergleich mit Pferden, Mädchen und allem sonstigem Schönen.
289



5
ΣΩ.  Εἶεν· μανθάνω, ὦ Ἱππία, ὡς ἄρα χρὴ ἀντιλέγειν
πρὸς τὸν ταῦτα ἐρωτῶντα τάδε· Ὦ ἄνθρωπε, ἀγνοεῖς ὅτι τὸ
τοῦ Ἡρακλείτου εὖ ἔχει, ὡς ἄρα „Πιθήκων ὁ κάλλιστος αἰ-
σχρὸς ἀνθρώπων γένει συμβάλλειν,“ καὶ χυτρῶν ἡ καλλίστη
αἰσχρὰ παρθένων γένει συμβάλλειν, ὥς φησιν Ἱππίας ὁ
σοφός. Οὐχ οὕτως, ὦ Ἱππία;
[Übersetzung]
Sokrates: Wohl! Nun verstehe ich, Hippias, dass wir dem, welcher dergleichen fragt, so entgegnen müssen: Weißt du denn nicht Mensch, dass Herakleitos recht hat, dass der schönste Affe hässlich ist, mit dem menschlichen Geschlecht verglichen? Und so ist auch die schönste Kanne hässlich, mit Mädchen verglichen, wie der weise Hippias sagt. Nicht so, Hippias?
ΙΠ.  Πάνυ μὲν οὖν, ὦ Σώκρατες, ὀρθῶς ἀπεκρίνω.
[Übersetzung]
Hippias: Ganz vortrefflich, o Sokrates, hast du da geantwortet.


b



5
ΣΩ.  Ἄκουε δή. Μετὰ τοῦτο γὰρ εὖ οἶδ᾽ ὅτι φήσει· „Τί
δέ, ὦ Σώκρατες; Τὸ τῶν παρθένων γένος θεῶν γένει ἄν τις
συμβάλλῃ, οὐ ταὐτὸν πείσεται ὅπερ τὸ τῶν χυτρῶν τῷ τῶν
παρθένων συμβαλλόμενον; Οὐχ ἡ καλλίστη παρθένος αἰσχρὰ
φανεῖται;“ Ἢ οὐ καὶ Ἡράκλειτος αὐτὸ τοῦτο λέγει, ὃν σὺ
ἐπάγῃ, ὅτι „Ἀνθρώπων ὁ σοφώτατος πρὸς θεὸν πίθηκος
φανεῖται καὶ σοφίᾳ καὶ κάλλει καὶ τοῖς ἄλλοις πᾶσιν;“
Ὁμολογήσωμεν, Ἱππία, τὴν καλλίστην παρθένον πρὸς θεῶν
γένος αἰσχρὰν εἶναι;
[Übersetzung]
Sokrates: Höre nur. Hierauf nämlich, weiß ich gewiss, wird er sagen: Wie aber, Sokrates, wenn jemand nun die Mädchen im Allgemeinen mit den Göttinnen vergliche, wird es ihnen nicht eben so ergehen, wie den Kannen im Vergleich mit den Mädchen? Wird nicht das schönste Mädchen hässlich erscheinen? Oder sagt nicht Herakleitos, den du selbst angeführt hast, ganz dasselbige, dass der weiseste Mensch gegen Gott nur als ein Affe erscheinen wird, sowohl an Weisheit als Schönheit und allem übrigen? Sollen wir das zugeben, Hippias, dass das schönste Mädchen mit Göttinnen verglichen hässlich ist?
ΙΠ.  Τίς γὰρ ἂν ἀντείποι τούτῳ γε, ὦ Σώκρατες;
[Übersetzung]
Hippias: Wer könnte dem wohl widersprechen, Sokrates?
c



5
ΣΩ.  Ἂν τοίνυν ταῦτα ὁμολογήσωμεν, γελάσεταί τε καὶ
ἐρεῖ· „Ὦ Σώκρατες, μέμνησαι οὖν ὅτι ἠρωτήθης;“ Ἔγωγε,
φήσω, ὅτι αὐτὸ τὸ καλὸν ὅτι ποτέ ἐστιν. „Ἔπειτα,“ φήσει,
„ἐρωτηθεὶς τὸ καλὸν ἀποκρίνῃ ὃ τυγχάνει ὄν, ὡς αὐτὸς φῄς,
οὐδὲν μᾶλλον καλὸν ἢ αἰσχρόν;“ Ἔοικε, φήσω· ἢ τί μοι
συμβουλεύεις, ὦ φίλε, φάναι;
[Übersetzung]
Sokrates: Wenn wir ihm nun das zugeben, wird er lachen und sagen: Besinnst du dich wohl, Sokrates, was du bist gefragt worden? – Freilich werde ich sagen, was nämlich das Schöne selbst eigentlich ist. – Und also, wird er sagen, nach dem Schönen gefragt antwortest du etwas, was, wie du selbst sagst, um nichts mehr schön ist als hässlich? – Das scheint freilich so, werde ich sagen. Oder was rätst du mir, Lieber, dass ich sagen soll?
ΙΠ.  Τοῦτο ἔγωγε· καὶ γὰρ δὴ πρός γε θεοὺς ὅτι οὐ καλὸν
τὸ ἀνθρώπειον γένος, ἀληθῆ ἐρεῖ.
[Übersetzung]
Hippias: Dasselbe, rate ich. Denn dass das menschliche Geschlecht im Vergleich mit den Göttern nicht schön ist, darin hat er ganz recht.