Platon "Hippias maior" 21.04.20

Platon, Hippias I

"Was ist das Schöne?"

286b4–287e1

286
Text nach Burnet
Kommentar / Übersetzung nach Schleiermacher

Hippias ist nach langer Zeit, die er in diplomatischer Mission in Verschiedenen Teilen Griechenlands verbracht hat, wieder in Athen. Er trifft Sokrates, der Hippias’ Fähigkeit, mit Wissen Geld zu verdienen, als Fortschritt moderner Sophisten (Gorgias, Prodikos, Protagoras) gegenüber den Weisen der alten Zeit (Pittakos, Bias, Thales, Anaxagoras) preist. Nach einem kurzen Gespräch über Hippias’ Aufnahme in Sparta, erzählt dieser, dort einen wunderbaren Vortrag über schöne Beschäftigungen, denen ein junger Mann nachgehen soll, gehalten zu haben. Er fährt fort:

 


b 4
5


c

ΙΠ.                                Τοῦτον δὴ καὶ ἐκεῖ ἐπεδειξάμην καὶ
ἐνθάδε μέλλω ἐπιδεικνύναι εἰς τρίτην ἡμέραν, ἐν τῷ Φειδο-
στράτου διδασκαλείῳ, καὶ ἄλλα πολλὰ καὶ ἄξια ἀκοῆς·
ἐδεήθη γάρ μου Εὔδικος ὁ Ἀπημάντου. Ἀλλ᾽ ὅπως παρέσῃ
καὶ αὐτὸς καὶ ἄλλους ἄξεις, οἵτινες ἱκανοὶ ἀκούσαντες κρῖναι
τὰ λεγόμενα.
[Übersetzung]
Hippias: Diese Rede habe ich dort vorgetragen und werde sie auch hier vortragen übermorgen in des Pheidostratos Schule und noch viel anderes Hörenswürdiges. Denn Eudikos, der Sohn des Apemantos, hat mich hierum gebeten. Stelle du dich nur auch ein und bringe noch andere mit, die auch im Stande sind, was geredet wird, zu beurteilen.
b4 Τοῦτον bezieht sich auf den zuvor genannten λόγος: diese Redeἐκεῖ gemeint ist in Sparta


5


d




5



e
ΣΩ.  Ἀλλὰ ταῦτ᾽ ἔσται, ἂν θεὸς θέλῃ, ὦ Ἱππία. Νυνὶ
μέντοι βραχύ τί μοι περὶ αὐτοῦ ἀπόκριναι· καὶ γάρ με εἰς
καλὸν ὑπέμνησας. ἔναγχος γάρ τις, ὦ ἄριστε, εἰς ἀπορίαν
με κατέβαλεν ἐν λόγοις τισὶ τὰ μὲν ψέγοντα ὡς αἰσχρά,
τὰ δ᾽ ἐπαινοῦντα ὡς καλά, οὕτω πως ἐρόμενος καὶ μάλα
ὑβριστικῶς· „Πόθεν δέ μοι σύ,“ ἔφη, „ὦ Σώκρατες, οἶσθα
ὁποῖα καλὰ καὶ αἰσχρά; Ἐπεὶ φέρε, ἔχοις ἂν εἰπεῖν τί ἐστι
τὸ καλόν;“ Καὶ ἐγὼ διὰ τὴν ἐμὴν φαυλότητα ἠπορούμην τε
καὶ οὐκ εἶχον αὐτῷ κατὰ τρόπον ἀποκρίνασθαι· ἀπιὼν οὖν
ἐκ τῆς συνουσίας ἐμαυτῷ τε ὠργιζόμην καὶ ὠνείδιζον, καὶ
ἠπείλουν, ὁπότε πρῶτον ὑμῶν τῳ τῶν σοφῶν ἐντύχοιμι,
ἀκούσας καὶ μαθὼν καὶ ἐκμελετήσας ἰέναι πάλιν ἐπὶ τὸν
ἐρωτήσαντα, ἀναμαχούμενος τὸν λόγον. Nῦν οὖν, ὃ λέγω,
εἰς καλὸν ἥκεις, καί με δίδαξον ἱκανῶς αὐτὸ τὸ καλὸν ὅτι
ἐστί, καὶ πειρῶ μοι ὅτι μάλιστα ἀκριβῶς εἰπεῖν ἀποκρινό-
μενος, μὴ ἐξελεγχθεὶς τὸ δεύτερον αὖθις γέλωτα ὄφλω.
Oἶσθα γὰρ δήπου σαφῶς, καὶ σμικρόν που τοῦτ᾽ ἂν εἴη
μάθημα ὧν σὺ τῶν πολλῶν ἐπίστασαι.
[Übersetzung]
Sokrates: Das soll geschehen, so Gott will, Hippias. Jetzt aber beantworte mir nur ein weniges hiervon, was du mir zur rechten Zeit in Erinnerung gebracht hast. Denn neulich, bester Mann, hat mich einer recht in Verlegenheit gesetzt, als ich an gewissen Reden einiges tadelte als schlecht, anderes lobte als schön, indem er mich, und das ganz spöttisch, so etwa fragte: „Aber woher, Sokrates, weißt du mir denn, was schön ist und was schlecht? Denn sprich, könntest du wohl sagen was das Schöne ist?“ Da ward ich mit meiner Unfähigkeit verlegen, und wusste nicht gehörigerweise zu antworten. Wie ich nun weggegangen war aus der Versammlung, schmähte und zürnte ich mir selbst und drohte, dass wo ich zuerst einem von euch Weisen begegnete, den wollte ich hierüber hören, und wenn ich es wohl aufgefasst und durchgedacht hätte, wollte ich wieder zu dem Frager hingehen, um die Rede durchzufechten. Nun kamst du mir also, wie gesagt, ganz gelegen, und belehre mich nur gründlich über das Schöne selbst was es ist, und suche es mir so genau als möglich zu beantworten, damit ich nicht, wenn ich das zweite Mal wieder zuschanden werde, mir Gelächter bereite. Denn du weißt es gewiss genau, und es ist wohl nur etwas Geringes unter den vielen Kenntnissen die du besitzt.
5
ΙΠ.  Σμικρὸν μέντοι νὴ Δί᾽, ὦ Σώκρατες, καὶ οὐδενὸς
ἄξιον, ὡς ἔπος εἰπεῖν.
[Übersetzung]
Hippias: Etwas gar geringes, o Sokrates, und nichts wert muss ich dir sagen.
ΣΩ.  Ῥᾳδίως ἄρα μαθήσομαι καὶ οὐδείς με ἐξελέγξει ἔτι.
[Übersetzung]
Sokrates: Also werde ich es leicht lernen, und niemand wird mich mehr widerlegen.

287
ΙΠ.  Οὐδεὶς μέντοι· φαῦλον γὰρ ἂν εἴη τὸ ἐμὸν πρᾶγμα
καὶ ἰδιωτικόν.
[Übersetzung]
Hippias: Niemand gewiss, sonst bestände ich mit meiner Sache schlecht, und es wäre gar nichts damit.



5
ΣΩ.  Εὖ γε νὴ τὴν Ἥραν λέγεις, ὦ Ἱππία, εἰ χειρωσόμεθα
τὸν ἄνδρα. Ἀτὰρ μή τι κωλύω μιμούμενος ἐγὼ ἐκεῖνον,
ἐὰν σοῦ ἀποκρινομένου ἀντιλαμβάνωμαι τῶν λόγων, ἵνα ὅτι
μάλιστά με ἐκμελετήσῃς; Σχεδὸν γάρ τι ἔμπειρός εἰμι τῶν
ἀντιλήψεων. Εἰ οὖν μή τί σοι διαφέρει, βούλομαι ἀντι-
λαμβάνεσθαι, ἵν᾽ ἐρρωμενέστερον μάθω.
[Übersetzung]
Sokrates: Herrlich bei der Hera, Hippias, wenn wir den Mann bezwängen. Aber hindert es dich wohl nicht, wenn ich es jenem nachtue, und wenn du mir geantwortet hast, der Rede etwas anzuhaben suche, damit du es mir desto gründlicher beibringest? Denn vielleicht verstehe ich mich etwas auf Einwendungen, wenn es dir also keinen Unterschied macht, so will ich dir Einwendungen machen, damit ich desto fester und sicherer werde in der Sache.

b
ΙΠ.  Ἀλλ᾽ ἀντιλαμβάνου. Καὶ γάρ, ὃ νυνδὴ εἶπον, οὐ
μέγα ἐστὶ τὸ ἐρώτημα, ἀλλὰ καὶ πολὺ τούτου χαλεπώτερα
ἂν ἀποκρίνασθαι ἐγώ σε διδάξαιμι, ὥστε μηδένα ἀνθρώπων
δύνασθαί σε ἐξελέγχειν.
[Übersetzung]
Hippias: Tue das nur. Denn wie ich schon sagte, diese Frage ist gar nichts großes, und ich wollte dich viel schwereres als dieses beantworten lehren, so dass dich kein Mensch sollte widerlegen können.
5




c
ΣΩ.  Φεῦ ὡς εὖ λέγεις· ἀλλ᾽ ἄγ᾽, ἐπειδὴ καὶ σὺ κελεύεις,
φέρε ὅτι μάλιστα ἐκεῖνος γενόμενος πειρῶμαί σε ἐρωτᾶν. Εἰ
γὰρ δὴ αὐτῷ τὸν λόγον τοῦτον ἐπιδείξαις ὃν φῄς, τὸν περὶ
τῶν καλῶν ἐπιτηδευμάτων, ἀκούσας, ἐπειδὴ παύσαιο λέγων,
ἔροιτ᾽ ἂν οὐ περὶ ἄλλου πρότερον ἢ περὶ τοῦ καλοῦ – ἔθος
γάρ τι τοῦτ᾽ ἔχει – καὶ εἴποι ἄν· „Ὦ ξένε Ἠλεῖε, ἆρ᾽ οὐ
δικαιοσύνῃ δίκαιοί εἰσιν οἱ δίκαιοι;“ Ἀπόκριναι δή, ὦ Ἱππία,
ὡς ἐκείνου ἐρωτῶντος.
[Übersetzung]
Sokrates: O welche herrliche Verheißung! Wohlan denn, weil du es so willst, so lasse mich so gut als möglich jenen vorstellen und versuchen dich zu fragen. Wenn du ihm als jene Rede vorgetragen hättest, deren du erwähnst, die von den schönen Übungen und Kenntnissen, so würde er dich, wenn du geendigt hättest, nach nichts anderem eher fragen als eben nach dem Schönen, denn das ist so seine Art, und würde sagen: „O du Gast aus Elis, sind nicht die Gerechten durch die Gerechtigkeit gerecht?“ Antworte also Hippias, als ob jener dich fragte.
ΙΠ.  Ἀποκρινοῦμαι ὅτι δικαιοσύνῃ.
[Übersetzung]
Hippias: Ich werde antworten, allerdings durch die Gerechtigkeit.
ΣΩ.  „Oὐκοῦν ἔστι τι τοῦτο, ἡ δικαιοσύνη;“
[Übersetzung]
Sokrates: „Also ist dieses doch etwas, die Gerechtigkeit?“
ΙΠ.  Πάνυ γε.
[Übersetzung]
Hippias: Freilich.
5
ΣΩ.  „Oὐκοῦν καὶ σοφίᾳ οἱ σοφοί εἰσι σοφοὶ καὶ τῷ ἀγαθῷ πάντα τἀγαθὰ ἀγαθά;“
[Übersetzung]
Sokrates: „Und die Weisen sind durch die Weisheit weise, und alles Gute durch das Gute gut?“
ΙΠ.  Πῶς δ᾽ οὔ;
[Übersetzung]
Hippias: Wie anders?
ΣΩ.  „Οὖσί γέ τισι τούτοις· οὐ γὰρ δήπου μὴ οὖσί γε.“
[Übersetzung]
Sokrates: „So nämlich, dass dieses alles etwas ist, und keineswegs doch, dass es nichts wäre?“
ΙΠ.  Οὖσι μέντοι.
[Übersetzung]
Hippias: Gewiss, dass es etwas ist.
d
ΣΩ.  „Ἆρ᾽ οὖν οὐ καὶ τὰ καλὰ πάντα τῷ καλῷ
ἐστι καλά;“
[Übersetzung]
Sokrates: „Ist also nicht auch alles Schöne durch das Schöne schön?“
ΙΠ.  Ναί, τῷ καλῷ.
[Übersetzung]
Hippias: Ja durch das Schöne.
ΣΩ.  „Ὄντι γέ τινι τούτῳ;“
[Übersetzung]
Sokrates: „Welches also doch auch etwas ist?“
ΙΠ.  Ὄντι· ἀλλὰ τί γὰρ μέλλει;
[Übersetzung]
Hippias: Allerdings etwas. Aber was will er nur?
ΣΩ.  „Εἰπὲ δή, ὦ ξένε,“ φήσει, „τί ἐστι τοῦτο τὸ καλόν;“
[Übersetzung]
Sokrates: „So sage mir denn, du Gast,“ wird er sprechen, „was ist denn dieses, das Schöne?“

5
ΙΠ.  Ἄλλο τι οὖν, ὦ Σώκρατες, ὁ τοῦτο ἐρωτῶν δεῖται
πυθέσθαι τί ἐστι καλόν;
[Übersetzung]
Hippias: Will der nun nicht wissen, wer dieses fragt, Sokrates, was schön ist?
ΣΩ.  Οὔ μοι δοκεῖ, ἀλλ᾽ ὅτι ἐστὶ τὸ καλόν, ὦ Ἱππία.
[Übersetzung]
Sokrates: Nein dünkt mich, sondern was das Schöne ist, Hippias.
ΙΠ.  Καὶ τί διαφέρει τοῦτ᾽ ἐκείνου;
[Übersetzung]
Hippias: Und wie ist denn dies verschieden von jenem?
ΣΩ.  Οὐδέν σοι δοκεῖ;
[Übersetzung]
Sokrates: Dünkt es dich etwa gar nicht verschieden?
ΙΠ.  Oὐδὲν γὰρ διαφέρει.
[Übersetzung]
Hippias: Nein gar nicht.