Kritias Fragmente 16.03.16

Kritias

fr. B25: Religion als Menschenerfindung (Sext., math. 9,54) [230]
Kommentar / Übersetzung



Ἦν χρόνος, ὅτ’ ἦν ἄτακτος ἀνθρώπων βίος
καὶ θηριώδης ἰσχύος θ’ ὑπηρέτης,
ὅτ’ οὐδὲν ἆθλον οὔτε τοῖς ἐσθλοῖσιν ἦν
οὔτ’ αὖ κόλασμα τοῖς κακοῖς ἐγίγνετο.
Κἄπειτά μοι δοκοῦσιν ἄνθρωποι νόμους
θέσθαι κολαστάς, ἵνα δίκη τύραννος ᾖ
<ὁμῶς ἁπάντων> τήν θ’ ὕβριν δούλην ἔχῃ
ἐζημιοῦτο δ’ εἴ τις ἐξαμαρτάνοι.
Ἔπειτ’ ἐπειδὴ τἀμφανῆ μὲν οἱ νόμοι
ἀπεῖργον αὐτοὺς ἔργα μὴ πράσσειν βίᾳ,
λάθρᾳ δ’ ἔπρασσον, τηνικαῦτά μοι δοκεῖ
<πρῶτον> πυκνός τις καὶ σοφὸς γνώμην ἀνήρ
<θεῶν> δέος θνητοῖσιν ἐξευρεῖν, ὅπως
εἴη τι δεῖμα τοῖς κακοῖσι, κἂν λάθρᾳ
πράσσωσιν ἢ λέγωσιν ἢ φρονῶσί <τι>.
Ἐντεῦθεν οὖν τὸ θεῖον εἰσηγήσατο,
ὡς ἔστι δαίμων ἀφθίτῳ θάλλων βίῳ,
νόῳ τ’ ἀκούων καὶ βλέπων, φρονῶν τ’ ἄγαν
προσέχων τε ταῦτα, καὶ φύσιν θείαν φορῶν,
ὃς πᾶν τὸ λεχθὲν ἐν βροτοῖς ἀκούσεται,
<τὸ> δρώμενον δὲ πᾶν ἰδεῖν δυνήσεται.
Ἐὰν δὲ σὺν σιγῇ τι βουλεύῃς κακόν,
τοῦτ’ οὐχὶ λήσει τοὺς θεούς· τὸ γὰρ φρονοῦν
<ἄγαν> ἔνεστι. Τούσδε τοὺς λόγους λέγων
διδαγμάτων ἥδιστον εἰσηγήσατο
ψευδεῖ καλύψας τὴν ἀλήθειαν λόγῳ.
Ναίειν δ’ ἔφασκε τοὺς θεοὺς ἐνταῦθ’, ἵνα
μάλιστ’ ἂν ἐξέπληξεν ἀνθρώπους λέγων,
ὅθεν περ ἔγνω τοὺς φόβους ὄντας βροτοῖς
καὶ τὰς ὀνήσεις τῳ ταλαιπώρῳ βίῳ,
ἐκ τῆς ὕπερθε περιφορᾶς, ἵν’ ἀστραπάς
κατεῖδεν οὔσας, δεινὰ δὲ κτυπήματα
βροντῆς, τό τ’ ἀστερωπὸν οὐρανοῦ δέμας,
Χρόνου καλὸν ποίκιλμα τέκτονος σοφοῦ,
ὅθεν τε λαμπρὸς ἀστέρος στείχει μύδρος
ὅ θ’ ὑγρὸς εἰς γῆν ὄμβρος ἐκπορεύεται.
Τοίους δὲ περιέστησεν ἀνθρώποις φόβους,
δι’ οὓς καλῶς τε τῷ λόγῳ κατῴκισεν
τὸν δαίμον’ οὗ<τος> κἀν πρέποντι χωρίῳ,
τὴν ἀνομίαν τε τοῖς νόμοις κατέσβεσεν.

Καὶ ὀλίγα προσδιελθὼν ἐπιφέρει·
Οὕτω δὲ πρῶτον οἴομαι πεῖσαί τινα
θνητοὺς νομίζειν δαιμόνων εἶναι γένος.
[Übersetzung]
„Es gab eine Zeit, als ohne Ordnung der Menschen Leben war,
nach Art der Tiere und im Dienst der Stärke stand,
als es weder einen Preis für Gute
noch Strafe andererseits für Schlechte gab.
Da scheinen mir die Menschen strafende Gesetze erlassen zu haben,
damit das Recht die Herrschaft habe
in gleicher Weise über alle, den Frevelmut sich unterwerfe.
Bestraft aber wurde, wer immer sich verging.
Indes, da die Gesetze sie daran hinderten, offen
Gewalttaten zu begehen,
sie sie aber heimlich taten, scheint mir da
zunächst ein kluger und ein weiser Mann
die Furcht vor Göttern für die Menschen erfunden zu haben, damit
Furcht es gäbe für die Schlechten, auch wenn sie heimlich
handelten oder redeten oder dächten.
Deshalb nun führte er die Gottheit ein,
dass es einen Gott gibt in unvergänglichem Leben prangend,
mit dem Geiste hörend, sehend und über alle Maßen denkend,
der dies beachtet und ein göttliches Wesen an sich trägt,
der alles, was unter Menschen gesagt wird, hören
und alles, was getan wird, sehen kann.
Und denkst du schweigend dir was Schlechtes aus,
so wird es nicht den Göttern verborgen bleiben. Denn das Denken
eignet ihnen im Übermaß. Mit diesen Worten
führte er die verführendste Rede ein,
indem er mit einem Lügenwort die Wahrheit verhüllte.
Es wohnten, sagte er, die Götter da, wo
er die Menschen am meisten schrecken musste,
woher, wie er erkannte, die Furcht den Menschen stammte, 
und die Segnungen für das leidgeprüfte Leben,
vom Himmelsgewölbe oben wo, wie er sah, die Blitze
sind und die schrecklichen Donnerschläge
und der gestirnte Himmelsbau,
des weisen Baumeisters Chronos schön bestickte Werk,
von wo der glühende Ball der Sonne zieht
und der feuchte Regen auf die Erde ausgeht.
Solche Ängste stellte dieser um die Menschen,
deretwegen er in seiner Rede geschickt die Gottheit
ansiedelte und an geziemendem Ort 
und so den Gesetzen die Gesetzlosigkeit auslöschte.“
Und kurz darauf fügt er hinzu:
„So hat, wie ich glaube, zum ersten Mal einer die Sterblichen
überredet zu glauben, dass es ein Geschlecht der Götter gibt.“