Die Argonauten

Als Argonauten (die ναῦται [= Seefahrer] der Argo) werden der Held Iason (Ἰάσων) und seine Begleiter bezeichnet. Sie fuhren auf einem eigens dafür gebauten, sagenhaft schnellen Schiff namens Argo (ἡ Ἀργώ) in die am Schwarzen Meer im Kaukasus gelegene Landschaft Kolchis (ἡ Κολχίς), um im Auftrag des Pelias (Πελίας), des Onkels von Iason, das sog. Goldene Vlies zu holen – eine Aufgabe, die als undurchführbar galt. In Kolchis traf Iason Medea (Μήδεια), die Tochter von Aëtes (Αἰήτης), des Königs von Kolchis, in dessen dem Ares (Ἄρης) geweihten Hain das Goldene Vlies hing. Sie verliebte sich in Iason, half ihm, das Vlies zu stehlen und floh dann mit ihm aus der Heimat. Die Geschichte dieser Fahrt, die in Iolkos (Ἰωλκός, heute Volos [ngr. Βόλος]) in Thessalien begann, ist bereits bei Homer in der Odyssee bekannt, ihre erste zusammenhängende Darstellung erfährt sie aber erst in den Argonautika des Apollonios von Rhodos (Ἀπολλώνιος Ῥόδιος), einem Epos in Hexameterform, im 3. Jh. v. Chr.

Route der Argo

Mythos

Der Mythos ist uns in vielen Variationen überliefert, so auch hinsichtlich der Namen der Teilnehmer. Im Grund war jeder dabei, der in dieser angenommenen mythischen Zeit Rang und Namen hatte, so neben Argos (Ἄργος), dem Erbauer des Schiffes, die Modellhelden Herakles (Ἡρακλῆς) und Theseus (Θησεύς), der Sänger Orpheus (Ὀρφεύς), die Dioskuren (Διόσκουροι = Zeussöhne) Kastor (Κάστωρ) und Polydeukes (Πολυ­δεύκης, lat. Pollux), viele Väter von trojanischen Helden wie Admetos (Ἄδμητος), Laertes (Λαέρτης), Telamon (Τελαμών), Tydeus (Τυδεύς), sogar ein trojanischer Held selbst, Nestor (der im griechischen Heer dann natürlich bei weitem der Älteste ist), und viele weitere wie Meleager (Μελέαγρος, bekannt von der Kalydonischen Jagd), insgesamt ca. 50 Helden für die 50 Ruderplätze in der Argo (wobei es je nach Überlieferung auch wesentlich mehr Teilnehmer sein konnten).

Der Ursprung der Geschichte liegt in Iolkos. Herrscher über die Stadt war Aison (Αἴσων), der Vater von Iason. Dieser wurde von seinem Halbbruder Pelias, der väterlicherseits nicht von Kretheus, sondern von Poseidon stammte, jedoch von der Herrschaft vertrieben, weshalb sein Sohn Iason, um ihn zu retten, außer Landes zu dem berühmten Kentauren Chiron (Χείρων) zur Erziehung gebracht wurde. Als junger Mann kehrte Iason nach Hause zurück. Pelias hatte aus Delphi (Δελφοῖ) ein Orakel erhalten, nach dem er sich vor einem Mann mit nur einer Sandale hüten müsse. Iason kam in Iolkos tatsächlich mit nur einer Sandale an. Die andere hatte er in einem Fluss verloren, durch den sich Hera, verwandelt in eine alte Frau, von ihm tragen ließ. Pelias hatte sich nämlich den unauslöschlichen Zorn der Göttin zugezogen, weil er die Stiefmutter seiner Mutter am Altar des Heratempels ermordet hatte.

Um Iason, der eine Bedrohung für Pelias darstellte, loszuwerden, schickte Pelias ihn auf die Suche nach dem berühmten Goldenen Vlies. Das stammte von dem sagenhaften fliegenden Widder Chrysomallos (Χρυσό­μαλλος – aus χρυσός [Gold] und μαλλός [Wollflocke] zus. also „goldenes Fell oder Vlies“), auf dem die Geschwister Phrixos (Φρίξος) und Helle (Ἕλλη) vor ihrer Stiefmutter Ino (Ἰνώ) geflohen sind. Nach der Ankunft in Kolchis opferte Phrixos den Widder dem Ares, das kostbare goldene Fell (das Goldene Vlies) hängte er im Areshain an einen Baum.

Die Argo war ein Wunderschiff. Sie war nicht nur das schnellste Schiff, sondern sie war auch u. a. aus Holz von der Zeuseiche in Dodona (Δωδώνη) gezimmert, so dass sie die Zukunft vorhersagen konnte. (Das Schiff wurde in den letzten Jahren versuchsweise nachgebaut, um durch Testfahrten mehr über die antike Schifffahrt zu lernen.)

Nach der Überwindung vieler Hindernisse kamen die Argonauten in Kolchis an. Um das Goldene Vlies zu erobern, bedurfte es allerdings der Hilfe von Medea, der Tochter des Königs Aëtes, die sich in Iason verliebt hatte. Das Vlies wurde nämlich von einem Drachen bewacht. Außerdem hatte Iason zuvor zwei feuerspeiende Stiere zu bändigen und eine Saat von Drachenzähnen, aus der wilde Krieger entsprangen, zu bekämpfen. All diese Gefahren konnte Iason nur mit Hilfe der Zauberkräfte von Medea bewältigen. Da sie sich damit allerdings gegen ihren Vater gestellt hatte, musste sie mit Iason aus Kolchis fliehen.

Nach wiederum langen Irrfahrten kam man schließlich in Iolkos an. Iason händigte zu dessen Überraschung Pelias das Goldene Vlies aus. Dieser musste allerdings seine Hinterlist büßen. Medea überredete Pelias’ Töchter, ihren Vater durch einen Zauber zu verjüngen, indem sie ihn zerschnitten und in einem Kessel kochten. Medea führte ihnen den Zauber an einem Widder vor: Nach dem Kochen sprang ein Lamm aus dem Kessel. So zerschnitten und kochten die Töchter Pelias, allerdings ohne Erfolg. So hatte Hera also schließlich Pelias für den Mord an seiner Großmutter bestraft.

Iason und Medea, die inzwischen verheiratet waren und zwei Kinder hatten, konnten das Thronerbe indes nicht antreten, weil Akastos, ein Sohn von Pelias, Thronfolger wurde. So mussten sie weiterziehen. In Korinth fanden sie Aufnahme.

Dort lebten sie glücklich zehn Jahre. Dann aber verließ Iason Medea, um Glauke, eine korinthische Königstochter, zu heiraten. Doch Medea nahm das nicht hin. Sie sandte Glauke als Hochzeitsgeschenk ein mit Gift getränktes Kleid. Als Glauke das Kleid anlegte, brannte es wie Feuer. Sie sprang, um das Feuer zu lindern, in eine der Quellen der Stadt und ertrank darin. Diese Quelle, die bis heute zu besichtigen ist, heißt seitdem Glauke-Quelle. Schließlich ermordete sie, um ihre Rache zu vollenden, die beiden Kinder, die sie mit Iason gezeugt hatte.